Webseitengestaltung auch durch Blinde möglich!

Es war schon lange mein Traum gewesen, eine eigene Website zu haben! Dort wollte ich meine Erfahrungen beim Ausprobieren von Freeware,Shareware und Demo-Versionen mit Jaws auch anderen Blinden und Sehbehinderten zugänglich machen. Aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung von Webseitengestaltung, und für mich war alles, was mit Web-Design zu tun hatte, ein Buch mit sieben Siegeln. Wie sich das geändert hat, möchte ich beschreiben und damit auch anderen Mut machen, es selbst einmal zu versuchen.

Alles begann mit meiner Ankündigung in der Jaws-Mailing-Liste, dass ich meine Sammlung von Tools, die mit Jaws bedienbar sind, auf CD oder DVD an interessierte
Listenteilnehmer versenden könne. Das Interesse war größer, als ich erwartet hatte. Da schlug mir ein Listenteilnehmer vor, die Programme doch auf seinem Server zum Download anzubieten statt sie per Silberling zu versenden. Diese Idee fand ich sehr gut und ich ging darauf ein.

Wir einigten uns nach einer Grundsatzdiskussion darauf, dass ich ihm die Texte für die einzelnen Seiten im ANSI-Format zusandte und er daraus Webseiten erstellte. Die Programme legte er als ZIP-Archive - nach Kategorien getrennt - auf seinem Server ab. So konnten wir am schnellsten das Ziel verwirklichen, den interessierten Listenteilnehmern die Programme bereit zu stellen.

Die freuten sich auch, nun die Programme herunterladen zu können. Allerdings beklagten sich einige darüber, dass sie sozusagen die Katze im Sack kaufen
mussten, denn die Beschreibungen der einzelnen Programme konnten sie erst lesen, nachdem sie ein komplettes Archiv von ca. 200 MB Größe heruntergeladen
und entpackt hatten. Es wäre natürlich schöner gewesen, zuerst an die Beschreibungen zu gelangen und dann - je nach Bedarf - gezielt das eine oder andere Programm herunter zu laden.

So etwas hatte mir als Idee für meine mögliche zukünftige Homepage auch vorgeschwebt, aber bei meinen nicht vorhandenen Web-Design-Kenntnissen war ich schon froh, dass das Verteilen meiner Sammlung überhaupt per Internet klappte.

Als zweiten Anstoß erlebte ich, dass auf Grund meiner Ankündigung in der Mailing-Liste auch noch ein anderes Listenmitglied auf mich zu kam und mich fragte, ob ich an einem seiner Projekte mitarbeiten wolle. Er habe schon lange vor, eine CD für blinde PC-Benutzer zu erstellen, die diese sozusagen als Starthilfe beim Arbeiten mit dem PC verwenden könnten. darauf soltten die besten Programme enthalten sein, die man als sehgeschädigter Normal-Nutzer benötigt, um besser mit dem PC klar zu kommen.

Wir diskutierten per Mail intensiv die Form der CD, die mit einem Installationsmenü ausgestattet werden sollte, und dabei kam auch immer wieder das Thema HTML zur Sprache. Nun war ich endgültig neugierig geworden und wollte mehr wissen! Ich hatte schon öfter etwas von der Anleitung "SelfHTML" gehört, die sehr gut sein solle. Dasie ohnehin zu meiner Programmsammlung gehörte, Begann ich darin zu lesen. Ganz bewusst las ich zuerst das Kapitel zur Entwicklung der Webseiten-Gestaltung und fand dann auch dort das meiner Meinung nach notwendige Hintergrundwissen: was ist HTML überhaupt, wie ist es entstanden, welche Varianten gibt es usw.

Dann nahm ich mir die einzelnen Kapitel nacheinander vor. Allmählich begann sich in meinem Kopf ein Bild zusammen zu setzen. Ich erkannte, dass HTML eigentlich nichts anderes ist als ein normaler Text, der durch Steuerbefehle, die so genannten Tags, ergänzt wird. Diese Tags stehen zwischen einem Kleiner-Zeichen (<) und einem Größer-Zeichen (>) und sagen dem Web-Browser beispielsweise, welche HTML-Version in dem Dokument verwendet wird, welche Hintergrundfarbe und welche Schriftart er anzeigen sollund ob in dem Dokument als nächstes eine Überschrift, ein Absatz im Text, ein Link oder eine E-Mail-Adresse folgt.

Es gibt bei jedem HTML-Dokument zwei Ansichten, nämlich die Quell- oder Code-Ansicht, bei der man auch alle Tags sehen kann, und die Browser-Ansicht, in der man dann sieht, was der Browser aus den Tags und dem eingegebenen Text gemacht hat. Die Tags kommen überwiegend paarweise vor, nämlich jeweils am Anfang und am Ende eines neuen Abschnitts. Am Abschnittsende steht dann ein Schrägstrich vor dem Tag. Zwischen den einzelnen Abschnitten des Dokuments dürfen keine Leerzeichen stehen.

Das Ganze sieht dann etwa so aus:
--- Anfang des Beispieltextes ---
<html>
<head>
<title>Testseite</title>
</head>
<body>
<p>Anmerkung: mit dem tag "html" wird der Dokumentbeginn angegeben. Mit "head" (Kopf) werden Kopfdaten angegeben, z. B. die im Dokument verwendete HTML-Version, die Seitenbezeichnung, Angaben für Suchmaschinen usw. Mit "body" (Körper) wird der eigentliche Seiteninhalt bezeichnet.</p>
<h1>Meine erste HTML-Seite</h1>
<p>Der tag "h1" bedeutet "Überschrift (Header) erster Ordnung".</p>
<p>Ein "P" bedeutet "Paragraph", also Absatz. Ohne diesen Tag wird der Text als Fließtext ohne Absätze und Leerzeilen dargestellt. Nach dem "P" -Tag können noch Angaben über Schriftart, Schriftgröße usw. folgen. Der Absatz endet da, wo ein zweites "p" mit einem Schrägstrich davor steht.
Will man innerhalb eines Absatzes einen Zeilenwechsel ("Break") (Pause oder Bruch) machen, dann setzt man an diese Stelle den Tag "br", der für
sich alleine steht.<br>
Dann weiß der Browser, dass er an dieser Stelle bei der Seitendarstellung eine neue Zeile beginnen muss.</p>
<p>Der Tag für Verweise (Links) ist das a. So sieht beispielsweise
ein Link aus:<br>
<a href="http://ulrichhanke.de/14/14Liste.html">Link zu den Web-Editoren</a><br>
"href" bedeutet, dass ein Verweis auf ein anderes HTML-Dokument folgt. Es gibt auch Links zu E-Mail-Adressen oder zu einer Stellle innerhalb des Dokuments. Hinter dem = steht in Anführungszeichen das Ziel des Verweises, also in diesem Falle die Internet-Adresse der Übersicht über die Web-Editoren auf meiner Homepage, die angesteuertwerden soll. Zwischen dem "a" - und dem "/a" -Tag muss ein Text stehen, der dann als
Link-Bezeichnung angezeigt wird.</p>
</body>
</html>
--- Ende des Beispieltextes ---

Das ist ein - wenn auch einfaches - Beispiel dafür, wie HTML funktioniert. Was Sie hier sehen können , ist der Quellcode. Kopieren Sie nun einfach den
Beispieltext in eine Textdatei namens Beispiel.txt und benennen Sie diese dann in Beispiel.html um, und schon haben Sie Ihre erste HTML-Seite erstellt.
Die können Sie dann mit Ihrem Browser betrachten.

Man sieht also, dass HTML keine Geheimschrift, sondern eigentlich relativ leicht erlernbar ist. Mir hat auch geholfen,von Websites, die mich interessierten, einfach die Quellansicht zu speichern und mir dann in Ruhe anzusehen. Das geht, indem man mit dem Internet Explorer unterAnsicht" auf "Quellcode anzeigen" geht und dann über "Datei" - "speichern unter" diese Quellansicht als textdatei speichert.

Hinzu kommt aber auch noch, dass man nicht alle Tags kennen muss, denn es gibt eine ganze Reihe guter kostenloser Programme, die einem die Arbeit erleichtern.
Diese Programme finden Sie auf meiner Homepage. Klicken Sie in Ihrem Dokument Beispiel.html den darin enthaltenen Link an, dann landen Sie gleich in der richtigen Kategorie.

Nun stand für mich die Frage an, bei wem ich denn meinen Webspace buchen sollte. Und da lag natürlich nahe, dies bei der Firma ConnectWeb zu machen, von der die Mailing-Liste betreut wird. Diese Firma gehört einem Sehbehinderten, und der Support wird ebenfalls vonSehbehinderten und Blinden erledigt. Da war ich sicher, dass man meine eventuellen Probleme auch verstehen und mir blindengerechte Hilfe zuteil werden lassen würde. Ich glaube kaum, dass es viele andere Anbieter gibt, wo dies der Fall ist. Also war für mich die Wahl meines Providers klar.

Aber kaum hatte ich meine Zugangsdaten, stand ich vor der nächsten Frage: wie komme ich an meinen FTP-Server? Auch der Begriff "FTP" war für mich bisher ein Fremdwort
gewesen. Ich hatte nur öfter von so genannten FTP-Clients gelesen, also von Programmen, mit denen man auf einen FTP-Server kommen kann. Ich schaute nach, was ich da in meiner Programmsammlung hatte, und probierte die Tools aus. Bedienen ließen sie sich, aber auf meinen Server kam ich dennoch nicht. Ich wusste nicht, was ich falsch machte, aber es wollte nicht klappen. Was nun?

Da erinnerte ich mich an das Angebot von ConnectWeb, das auch ein Content Management System umfasst. Mit einem solchen CMS kann man ohne große Vorkenntnisse eine Webseite gestalten. Es ist eine Art Schablone, in die man dann seine Texte und anderen Seiteninhalte einbetten kann. Also bat ich um Freischaltung dieses CMS namens Conny und begann schon einmal in dem ausführlichen Tutorial zu lesen. Und ich muss sagen, dass es stimmt, was Connect Web mir dazu schrieb: nach ein paar Tagen fand ich mich gut in Conny zurecht und kam bei meiner Seite voran. Der Vorteil bei einem Content Management System wie Conny ist, dass alle HTML-Regeln beachtet und dass alle Kopfdaten und alle Tags bereits vom System vorgegeben werden. Man muss wirklich nur noch seinen - am besten vorher mit einem Texteditor aufbereiteten - Text in die Conny-Schablone einfügen.

Es gibt etliche verschiedene Schablonen für die diversen Zwecke, also für das Einbetten von Links, das erstellen von Listen, tabellen usw. Sogar einen Online-Shop kann man damit gestalten.

Nun tauchte aber ein neues Problem auf: mit Conny konnte ich nur Dateien von maximal 3 MB Größe hochladen, aber einige Programme aus meiner Sammlung sind über 100 MB groß! Was konnte ich da machen? Hier half eine Mail an den Support weiter. In der Antwort stand beschrieben, wie ich mit meinem Internet Explorer ganz einfach und völlig ohne irgend welche FTP-Programme auf meinen Server kommen konnte!

Man öffnet den IE und gibt die FTP-Adresse ein, die man von seinem Provider erhalten hat.
Benutzt man den IE 7, erscheint nun eine Meldung, dass die Seite nicht angezeigt werden kann. Nun wählt man den Menüpunkt "Ansich" - "FTP-Seite im Windows Explorer öffnen". Der Rest ist beim IE 6 und IE 7 gleich.
Es erscheint eine Fehlermeldung, dass man nicht angemeldet werden konnte, weil die Zugangsdaten fehlen. Diese Meldung bestätigt man mit "Okay".
Nun drückt man Alt + D und steht bereits auf dem Menüpunkt "Anmelden als ...", den man mit Enter öffnet.
Man geht nun mit der tab-Taste von Feld zu Feld und gibt seine Zugangsdaten ein. Wenn man den Punkt "Kennwort speichern" aktiviert, dann muss man diese Daten künftig nicht mehr eingeben.
Nun geht man auf "Anmelden", und schon ist man auf seinem Server!
Nun kann man Dateien vom rechner auf den Server und umgekehrt kopieren und Dateien auf dem Server löschen oder umbenennen, als ob der Server ein Ordner auf dem Rechner wäre!

Seit ich das weiß, habe ich meine inzwischen fast 500 Programmbeschreibungen nicht mehr mit Conny erstellt, sondern in einzelnen HTML-Dokumenten direkt auf dem Server abgelegt. Mann erreicht die Software-Sammlung über die mit Conny gestaltete Portalseite und deren Unterseiten.

Ich arbeite nun so, dass ich auf dem Rechner alles vorbereite und ausprobiere und anschließend einfach meinen Ordner "Server" oder einzelne Dateien daraus vom Rechner auf den Server kopiere. Ich habe also ein genaues Abbild der auf dem Server befindlichen Daten auf meinem rechner. Erleichtert wird diese Art der Bearbeitung dadurch, dass in HTML die Verweise auf Dokumente innerhalb der Website auch relativ angegeben werden können: "../../03/start.html" bedeutet also beispielsweise, dass zwei Ebenen höer gegangen, dort in den Ordner 03 gewechseltund das Dokument start.html geöffnet werden soll. Da die Struktur ja auf dem rechner und auf dem Server identisch ist, kann ich testen, ob es funktioniert. Man muss aber sehr genau darauf achten, dass der Link zu einer Datei und der Name dieser Datei absolut
identisch geschrieben sind, denn bei den Ordner- und Dateinamen wird zwischen Groß- und Kleinschreibung unterschieden, und ein Link klappt nicht, wenn z. B. im Verweis ein großer Anfangsbuchstabe und im Namen der zu öffnenden Datei ein kleiner steht.

Welche Programme ich bei der Erstellung meiner Homepage genutzt habe, möchte ich hier auch noch erwänen.

allen voran möchte ich Macromedia Dreamweaver hervorheben. Mit diesem Programm ist es wirklich einfach, auch anspruchsvolle Web-Dokumente zu erzeugen. Wie
das genau geht, habe ich in der Programmbeschreibung näher erläutert.

Zum Erzeugen von Link-Listen benutze ich QuickDir oder Dir2HTML. Mit beiden Programmen lassen sich z. B. Ordnerinhalte sehr gut als Linklisten abspeichern.

Wenn es um Tabellen geht, ist CSV2HTML erste Wahl. Bei diesem Programm muss man aber die Tabelle im csv-Format vorliegen haben und sie ggf. vorher beispielsweise aus Excel in dieses Format konvertieren.

Ein guter Quellcode-Editor ist WebOctonScriptly. Bei diesem Programm gefällt mir besonders,dass man über das gut verständliche Menü alle möglichen Vorgaben auswählen kann. Dann muss man nur noch den Text bzw. den Inhalt eingeben, und schon ist eine tabelle oder eine Liste neu erstellt.

Bei Scribe finde ich die Hilfe besonders gut geschrieben. Darin kann man auch interessanteInformationen finden, die sich nicht direkt auf dieses Programm beziehen.